Blackout-Demonstrations-Zentrum (Phase 1)

freiraum2022

Bildschirmfront einer Leitwartenumgebung (©Siemens AG)

Der Lehrstuhl für Elektrische Energiesysteme (LEES) konnte sich bei der Ausschreibungsphase für innovative Hochschullehre mit dem Projekt Blackout-Demonstrations-Zentrum (Phase 1) (DBZ-1) durchsetzen. Unter der Überschrift freiraum2022 gab es die Möglichkeit, Ideen im Hochschullehrkontext fördern zu lassen. Dabei soll es um das freie Entwickeln und Erproben von Ideen gehen.

Einordnung

Eine sichere Stromversorgung ist der zivilisatorischen Grundversorgung (Daseinsversorgung) zuzuordnen. Insofern werden an die elektrische Energieversorgung sehr hohe Ansprüche hinsichtlich Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität gestellt. Die Netzsystemführung (Netzleitwarte) ist hierbei die zentrale Einrichtung, welche die Sicherheit des Netzes überwacht. Das europäische Verbundnetz als größte vom Menschen jemals errichtete „Maschine“ läuft in seiner Gesamtheit seit Inbetriebnahme zuverlässig. Dennoch besteht immer die Wahrscheinlichkeit eines systemweiten Blackouts. Ein längerer systemweiter Blackout würde zu einem Zusammenbruch der gesamten öffentlichen Infrastruktur führen. Ein Extremszenario, welches von der Öffentlichkeit praktisch unbemerkt blieb, war im Januar 2021 die planmäßige Auftrennung des Verbundnetzes in zwei Teile. Lokale Blackouts hingegen haben starke Auswirkungen auf jeden Einzelnen und können durch Kaskadeneffekte einen systemweiten Blackout lostreten. Ziel des Lehr-Projekts ist daher Studierenden die zugehörigen Zusammenhänge in der Theorie zu vermitteln und dieses Wissen dann in einer Leitwartenumgebung realistisch in Planspielen umzusetzen.

Konzeptskizze

Um diese sehr komplizierte und vielschichte Thematik als einzigartigen Ausbildungsschwerpunkt an der Friedrich-Alexander Universität (FAU) zu etablieren, möchte der LEES mit Experten der Siemens AG einen Blackout-Demonstrations-Zentrum für die Hochschullehre entwickeln. Dieses soll allen Studierenden der FAU, welche ein Mindestmaß an Elektrotechnik in ihrer Ausbildung nachweisen können, in Form einer 5 bis 10 ECTS umfassenden Lehrveranstaltung zur Verfügung stehen. In dem theoretischen Teil werden die Studierenden über das Semester hinweg in unterschiedlichen Ausbildungsformaten mit der Thematik vertraut gemacht. Dabei sollen die unterschiedlichen Einrichtungen der elektrischen Energieübertragung herausgearbeitet und analysiert werden. Dies soll unter anderem den Energiemarkt, die Systemführung und die wichtigen Infrastrukturen beinhalten. Um das Zusammenspiel bereits in dieser Phase zu verdeutlichen sollen Gruppenarbeiten bzw. kleinere Gruppenprojekte stattfinden. Dies bietet den Vorteil, dass sich die Studierenden der unterschiedlichen Fachrichtungen in die Problemstellung mit unterschiedlichen Blickwinkeln einbringen können. Hierbei sollen insbesondere fachübergreifenden Diskussionen initiiert und moderiert werden.

Für unterschiedliche Gruppenarbeiten kann damit gezielt auf die Interessen der Studierenden der FAU eingegangen werden. Dadurch wird jede Fachrichtung eigenständig an die Thematik herangeführt. Bei der Entwicklung der Fragestellungen sollen die jeweiligen studentischen Fachschaften mit einbezogen werden.

Neben der theoretischen Ausbildung soll auch eine praktische Ausbildung innerhalb einer Leitwartenumgebung stattfinden. Das Trainingszentrum der Siemens AG in Nürnberg soll dazu als Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis dienen. Sie ist eine internationale Ausbildungsstätte für Akteure aus der elektrischen Energieversorgung. Unteranderem befindet sich dort eine Leitwartenumgebung, in der Führungskräfte, Leitwarten- bzw. Schaltpersonal ausgebildet werden. Während des Praktikums sollen die Studierenden auf die unterschiedlichen Rollen in der Leitwarte vorbereitet werden und diese dann erproben können. Dazu soll eine Grundausbildung für Leitwarten in Kooperation mit der Siemens AG entwickelt werden. Mit dieser sollen die Studierenden in die Lage versetzt werden, ein elektrisches Energiesystem in den Grundzügen verstehen und betreiben zu können.

Phase 1

In der ersten Projektphase soll der technischen Rahmen für die Umsetzung eines realitätsnahen Praktikums entstehen. Die Thematik eines Blackouts der elektrischen Energieversorgung wird in der Hochschullehre lediglich theoretisch und aufgrund der enormen Komplexität meist abstrakt behandelt. Ziel des BDZ ist daher, Studierenden die zugehörigen Zusammenhänge in der Theorie zu vermitteln und dieses Wissen dann in einer Leitwartenumgebung realistisch in Planspielen umzusetzen. Eine Leitwarte ist eine hybride Hardware/Software-Einrichtung in der alle relevanten Parameter und Messwerte elektrischer Energieversorgungsnetze sowie IT-Infrastrukturen einer Netzregion zusammengeführt werden.

Um die elektrischen Ausgleichsvorgänge während eines Blackouts weiter zu veranschaulichen sollen an dem Simulator und der Leitwartenumgebung umfangreiche Simulationsmodelle elektrischer Netze sowie vielfältige Szenarien entwickelt werden. Dazu wird eine möglichst realistische Nachbildung der Feldebene (Schalteinrichtungen, Schutzgeräte, Netzprozesse, Kommunikation, etc.) benötigt, welche auf einem Echtzeitsimulator des Lehrstuhls nachgebildet wird. Für die Kopplung zwischen dem Simulator und der Leitwarte sind Tätigkeiten im Bereich der IKT entscheidend. Um das Abstraktionsniveau weiter zu senken, soll die angestrebte Lage in einem modellierten deutschen Verteilnetz stattfinden.